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Internationale Luftfahrtbranche ist optimistisch

Internationale Luftfahrt- und Verteidigungsbranche ist optimistisch, sieht aber auch Herausforderungen

München, 9. Juni 2015

  • Top-Manager erwarten für die kommenden fünf Jahre starkes Wachstum in der zivilen Luftfahrt (73%)
  • Zulieferer könnten jedoch mit ihrer mangelnden Investitionsbereitschaft den geplanten Produktionsausbau der wichtigsten Marktteilnehmer ausbremsen
  • Globale Krisenherde und geopolitische Krisen könnten zudem den Aufwärtstrend in der zivilen Luftfahrt beenden
  • Für die Verteidigungsindustrie könnten diese Entwicklungen dagegen einen weiteren Schub darstellen – Experten rechnen mit einem Ende der Sparpolitik in den Verteidigungshaushalten
  • Strategisches Personalmanagement ist ein zentrales Thema, um Probleme durch Fachkräftemangel zu vermeiden

Die globale Luft- und Raumfahrtbranche sowie die Verteidigungsindustrie blicken optimistisch in die Zukunft. Das zeigt eine Umfrage unter 150 internationalen Top-Managern der Branche, die Roland Berger Strategy Consultants für das „Aerospace & Defence Management Issues Radar 2015“ befragt hat. 73 Prozent der Umfrageteilnehmer glauben, dass das starke Wachstum in der zivilen Luftfahrtindustrie mindestens noch fünf Jahre anhalten wird. Trotzdem investieren nur 58 Prozent der Unternehmen in zusätzliche Kapazitäten und davon wiederum sind drei Viertel darauf bedacht, keine Überkapazitäten aufzubauen. Dies könnte dazu führen, dass die Zulieferer den geplanten Produktionsausbau bei wichtigen Marktteilnehmern ausbremsen.

67 Prozent der Manager aus der Verteidigungsindustrie erwarten ein Ende der Kürzungen der Verteidigungsbudgets in Europa. Gründe sind die schlechtere geopolitische Lage sowie Sicherheitsbedenken im eigenen Land.

„Die großen Investitionen für die Entwicklung neuer Programme in der zivilen Luftfahrt wurden in den letzten Jahren getätigt“, sagt Manfred Hader, Partner von Roland Berger Strategy Consultants. „Jetzt geht es darum, Produktionsprozesse und Lieferketten zu optimieren, um Lieferengpässe zu vermeiden. Wenn man bedenkt, dass das Auslieferungsniveau für große Verkehrsflugzeuge schon jetzt 52 Prozent über dem bisherigen Spitzenwert der Branche liegt, muss man sich durchaus um die Kapazität sorgen. Gleichzeitig bedeutet das Ausbleiben neuer Programme, dass auf jeden Fall etwas getan werden muss, um die technische Entwicklungskompetenz aufrechtzuerhalten.“

Europa und USA bleiben die wichtigsten Produktionsstandorte

Obwohl die Stimmung in der zivilen Luftfahrtbranche gut ist, wollen nur 15 Prozent der Befragten signifikant in neue Produktionskapazitäten investieren. 44 Prozent dagegen sind zurückhaltend, um keine Überkapazitäten aufzubauen.

Trotz der erfreulichen Aussichten glaubt rund ein Drittel, dass sich die geopolitische Lage im Nahen Osten sowie in Russland und der Ukraine weiter verschlechtern wird und die zivile Luftfahrtindustrie darunter leiden könnte. Als zweitgrößte Gefahr sehen die Befragten einen Abschwung der chinesischen Wirtschaft, gefolgt von einem Abflauen der europäischen Wirtschaft.

„Asien bleibt aber insgesamt der am schnellsten wachsende Markt. Hier werden in den nächsten Jahren weiterhin die meisten Flugzeuge ausgeliefert“, erklärt Hader. „Zudem sind die Kunden der OEMs weltweit gut verteilt, so dass lokale Krisen nur begrenzte Auswirkungen auf andere Märkte haben.“

So haben 70 Prozent der befragten Unternehmen in den vergangenen Jahren Standorte in Niedriglohnländern aufgebaut. Aufgrund langer Lieferzeiten, fehlender Fachkenntnisse und schwindender Lohnvorteile sind einer solchen Verlagerung in Niedriglohnländer allerdings klare Grenzen gesetzt.

Verteidigungsindustrie im Aufschwung

„Der Verteidigungsindustrie ist besorgt über die Entwicklung an Krisenherden wie der Ukraine oder im Nahen Osten“, sagt Roland Berger-Partner Manfred Hader. Deshalb erwarten zwei Drittel der Befragten in den westlichen Ländern keine weiteren Ausgabenkürzungen, sondern eher steigende Verteidigungsbudgets. „Die Nato-Mitgliedsstaaten stehen zunehmend unter Druck, die vereinbarten zwei Prozent ihres Bruttoinlandproduktes für Verteidigung auszugeben. Russland plant, seinen Rüstungshaushalt um 30 Prozent zu steigern, um ihn wieder auf das Niveau vor der Auflösung der Sowjetunion zu bringen“, so Hader.

Als attraktivste Exportregion gilt bei den europäischen Top-Managern der Nahe Osten. Auch wenn die USA der größte Verteidigungsmarkt sind, rangiert Nordamerika nur an zweiter Stelle auf der Beliebtheitsskala, während Indien wegen langwieriger, komplexer und undurchsichtiger Entscheidungsprozesse auf den vierten Rang zurückgefallen ist.

Personalmanagement muss langfristiger planen

Rund drei Viertel der Befragten glauben, dass das Thema Personalmanagement in den kommenden zehn Jahren an Bedeutung gewinnen wird und sie sich dabei strategischer ausrichten müssen. Das Wachstum sowie die zunehmende Globalisierung und Digitalisierung der Luftfahrtbranche sorgen für einen steigenden Fachkräfte- und Kompetenzmangel. Gut ausgebildete, international orientierte Luftfahrtspezialisten wie z.B. Wartungstechniker sind schon heute auf dem Arbeitsmarkt eher rar. Vor allem in Wachstumsmärkten und Schwellenländern wird es immer schwieriger, geeignete Fachkräfte zu finden.

74 Prozent der Befragten glauben deshalb, dass das Leistungsspektrum der Personalabteilung ihres Unternehmens ausgebaut werden muss. Allerdings ist das derzeitige Kompetenzniveau ihrer Personalabteilung nur für 17 Prozent der Befragten ein Differenzierungsmerkmal zum Wettbewerb. Bisher galt die Personalabteilung hauptsächlich als ausführendes Organ der Geschäftsplanung, während die strategische und langfristige Planung vernachlässigt wurde. Jetzt müssen Personalsuche und -entwicklung, Leistungsmessung und Vergütung direkter mit den Geschäftszielen verknüpft werden. Besonders die Mobilität der eigenen Mitarbeiter gilt es zu fördern, damit sie verschiedene Funktionen erfüllen können und das Unternehmen schneller auf Veränderungen reagieren kann.

„Die internationale Luft- und Raumfahrtbranche und die Verteidigungsindustrie haben in den vergangenen Jahren die mit der Entwicklung neuer Programme und der Globalisierung verbundenen Herausforderungen zwar insgesamt gut gemeistert“, fasst Hader zusammen. „Doch langfristig werden nur die Unternehmen erfolgreich sein, die es jetzt schaffen, operative Prozesse effektiv zu managen, effizient zu produzieren und ihre Personalressourcen strategisch weiterzuentwickeln.“

Quelle: Roland Berger